Schon seit längerer Zeit fiel mir eine rote Linie auf, die ich
regelmäßig überquere, wenn ich von meinem Arbeitsplatz zum Feierabend in
das Fitnesscenter gehe. Zunächst vermutete ich, dass es sich dabei um
den Bannkreis um das Hamburger Rathaus oder um die Grenze zum
Gefahrengebiet handelt. Als ich davon im Büro berichtete, belehrte mich
ein Kollege und erklärte mir, dass es sich dabei um einen Stadtrundgang
handelt. Im Netz wurde ich dann fündig. Es ist der
Hummel-Bummel-Rundgang
durch die Hamburger Neustadt. Auf einer Länge von insgesamt 2,5km führt
er an vielen kulturellen sowie historischen Touristenattraktionen
vorbei. Von vier unterschiedlichen Punkten kann man seine Exkursionen
durch die Neustadt beginnen. Von der S-Bahnhaltestelle Stadthausbrücke
am Ausgang zum Neuen Wall, dem Hamburger Michel, dem Museum für
Hamburgische Geschichte oder der Laeiszhalle (Musikhalle) führen die
roten Linien durch die Neustadt.
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Mein Startpunkt für den Hummel-Bummel begann an der Laeiszhalle
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Einer der Startpunkte ist die
Laeiszhalle
(Hamburger Musikhalle) am Johannes-Brahms-Platz. Durch eine großzügige
Spende des Hamburger Reeders Carl Laeisz entstand in den Jahren 1904 bis
1908 am Wallring das traditionsreiche Konzerthaus, erbaut von den
Architekten Martin Haller und Emil Meerwein im neobarocken Stil. Der
große Saal verfügt über 2025 Sitzplätze der kleinere über 639.
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Bronzeplastik ''Hommage an Brahms'' von Maria Pirwitz vor der Laeiszhalle |
Das Brahmskontor,
auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes, hieß bis zur Sanierung im
Jahr 2005 "Haus der Deutschen Angestellten Gewerkschaft" (DAG). Das
Verwaltungsgebäude des "Deutsch-nationalen-Handlungsgehilfen-Verbandes"
entstand in den Jahren 1919 bis 1920. Der Ausbau zur Dreiflügelanlage
wurde in den Jahren 1929 bis 1931 durchgeführt. In den Jahren 2005 bis
2008 wurde eine Grundsanierung vorgenommen.
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vis-à-vis das ehemalige DAG Haus. Heute Brahms Kontor |
Von der Laeiszhalle der roten Linie folgend überquert man zunächst den
Johannes-Brahms-Platz und biegt links in die Poolstraße ein und trifft
dort beim Haus Nr.15 auf eins der ersten Hinweistafeln, die besondere
Sehenswürdigkeiten markieren.
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Historische Gedenktafel am Haus Poolstraße 15
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Die Deutsche Lyrikerin
Rosa Maria Assing,
geborene Varnhagen (* 28. Mai 1783 in Düsseldorf; † 22. Januar 1840 in
Hamburg), zog nach ihrer Heirat mit dem Arzt und Schriftsteller David
Assing in die Hamburger Neustadt in die Poolstraße 15, wo sie einen
literarischen Salon führte, der bald Treffpunkt vieler künstlerisch
Interessierter wurde.
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Die westliche Vorhalle der zerbombten Synagoge im Innenhof Poolstr. 13
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hinter der Autowerkstatt steht noch der Rückwertige Teil des Gotteshauses
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Die Wohnhäuser in der Poolstraße 11-14 wurden 1842 bis 1844 durch den
Architekten Johann Hinrich Klees-Wülbern für den Israelischen
Tempelverband zusammen mit der
Synagoge
auf dem Innenhof errichtet, der wenn man Glück hat, geöffnet ist. 1944
wurde die Synagoge in einem Bomberangriff fast gänzlich zerstört. Übrig
blieb nur die westliche Vorhalle und das östliche Teil des Gebäudes.
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Die Schuhmacherei Kletmann fertigt Schuhe nach Maß |
Wer es sich leisten kann für ein Paar Schuhe mindestens 2000,-€
hinzublättern, erhält gleich nebenan in der Poolstraße 9 in der
Schuhmacherei von
Benjamin Kletmann Maßschuhe, die perfekt auf den Fuß des Trägers angefertigt werden.
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In diesem Haus verbrachte Arthur Schopenhauer ein Teil seiner Jugend |
Nach wenigen Metern wechselt der Straßenname. Nun folgt die Markierung
der Straße Kohlhöfen. An der Hausnummer 29 findet man den Hinweis
angebracht, dass der deutsche Philosoph
Arthur Schopenhauer,
geboren am 22.2.1788 in Danzig, seine Jugend von 1793 bis 1807 in
Hamburg verbrachte. Die Familie lebte zunächst in der Straße Neuer
Wandrahm 92 und später in den Kohlhöfen 87, heute 29. Der Philosoph
starb am 21.9.1860 in Frankfurt am Main.
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Hamburgs erste öffentliche Bücherhalle aus dem Jahre 1899 |
Die 1899 von der Patriotischen Gesellschaft gegründete erste
öffentliche Bücherhalle
Hamburgs befindet sich nur wenige Schritte entfernt in der Nummer 28.
Sie wurde von 1908 bis 1909 nach Plänen von Hugo Groothoff errichtet.
Die Backsteinfassade im Reformstil greift Barockelemente auf. Erstmals
in Deutschland wurde hier eine Bibliothek nach englischem Vorbild,
"freihand" aufgestellt, d.h. der Leser erhielt freien Zugang zu den
Büchern. Das 1945 schwer beschädigte Gebäude wurde nach dem Krieg
wiederaufgebaut.
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Einfaches Mobiliar aber hervorragendes Eis |
An der Ecke Kohlhöfen und Rademachergang trifft man auf die
Eiskantine.
Frei nach dem Motto "Nachtisch vorweg" verzichtete ich auf die
angebotenen Suppen und gönnte mir zwei Kugeln handgemachtes Eis aus
täglich frisch produzierter Biovollmilch und ganzem Obst aus
biologischem Anbau. Natürlich stammten die Kakaobohnen des
Schokoladeeises auch aus fairem Handel. Dafür durfte ich dann für meine
zwei Kugeln, Erdbeer und Schoki, 2,20€ bezahlen. Allerdings war der
Preis angemessen. Das Erdbeersorbet war angenehm fruchtig und das
Schokoladeneis kräftig und nicht zu süß. Leider hatte ich mich wieder
einmal für ein Waffelhörnchen entschieden und so kleckerte schon nach
kurzem Genuss das Eis über meine Finger.
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Hinweistafel zum Jüdischen Friedhof am Markusplatz
am Gebäudes des St. Pauli TV r.V. von 1862
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An der Markusstraße folgen wir der Abzweigung der roten Linie und biegen
rechts ab. Nach einer Linkskurve liegt auf der rechten Straßenseite das
Gebäude des St. Pauli Turnvereins r.V. An der Abzweigung zur
Peterstraße findet man eine Erinnerungstafel die auf den
Jüdischen Friedhof am Markusplatz hinweist:
Die unsicheren Verhältnisse infolge des Dreißigjährigen Krieges
außerhalb der Stadtmauern gaben den Anlass, dass der Hamburger Rat 1627
der portugiesisch-jüdischen Gemeinde erlaubte, auf dem Markusplatz einen
Friedhof anzulegen. Bis dahin hatten die in Hamburg ansässigen Juden
ihre Toten vor den Toren der Stadt begraben müssen. Das ungewöhnliche
Zugeständnis der Obrigkeit erregte denn auch den Unwillen vieler
Geistlicher Einwohner Hamburgs, die die Stadt als streng ausschließlich
christlich, lutherisch bestimmte Gemeinde bewahrt wissen wollten und
ohnehin zu dieser Zeit betont intolerante Haltung zeigten. Trotzdem
blieb der Friedhof auf dem Markusplatz bis 1653, bestehen Dann wurde er
für das traditionelle jüdische Verständnis vom unauflösbaren Friedhof
als "Haus der Ewigkeit" ein außergewöhnlicher Vorgang aufgelassen und
die Toten wurden auf den Friedhof an der Königstraße in Altona
umgebettet.
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Neanderstraße Ecke Peterstraße | |
Wir folgen der roten Linie zur Neanderstraße. In der heutigen
Neanderstraße, der ehemaligen Elbstraße, gab es von etwa 1800 bis 1925
die sogenannten Judenbörse, einem Straßenmarkt, der aus vielen kleinen
Ständen mit relativ großem Warenangebot bestand. Dieser tägliche Markt
unter freiem Himmel war zu einer Zeit entstanden, als den Juden
untersagt war, Ladengeschäfte zu führen. Als Mitte des 19. Jahrhunderts
die Beschränkungen aufgehoben wurden, blieb der Handel an den Karren und
Tischen bis zum oben genannten Zeitpunkt bestehen. Neben vielen
Kleinhändlern und Hökern vertrieben auch Nichtjuden dort ihre
Billigartikel und Kurzwaren.
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Das Telemann Museum. Gleich daneben der Zugang zum Innenhof |
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Und in direkter Nachbarschaft das Johannes Brahms Museum |
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Nachbarschaftstreffen bei einem Plausch im Innenhof |
Die Fachwerkhäuser in der Peterstraße zwischen der Neanderstraße und
Hütten entstanden mit wenigen Ausnahmen erst Ende der 1960er Jahre. 1965
ließ
Alfred Töpfer das
Haus Nr. 39 restaurieren, das 1751 durch Wilhelm Gottfried Oelkers als
Wohnhaus erbaut wurde und 1899 durch Johann Beyling als Altenwohnanlage
gestiftet wurde. Ende der 60er Jahre entstanden weitere Bürger- und
Kaufmannshäuser, die nach historischen Plänen rekonstruiert wurden. Im
Haus Nr. 39 befindet sich heute das Museum von
Georg Philipp Telemann, der ab 1721 Hamburger Musikdirektor und Kantor des Johanneums war. Gleich nebenan ist das
Jahannes Brahms Museum untergebracht. Dazwischen führt ein schmaler Gang in den malerischen Innenhof.
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Peterstraße 45 Ecke Hütten |
Als Hütten wurden früher in Hamburg kleine freistehende Häuschen mit
einer Kleinstwohnung bezeichnet, die für die angeworbenen Soldaten der
Stadtmiliz bereitgestellt wurden. Nach diesen Soldatenhäusern wurde die
Straße bei den Hütten benannt. Sie waren nach Errichtung der zu Beginn
des Dreißigjährigen Krieges durch den niederländischen Baumeister
Valkenburg geschaffenen Festungsanlage unmittelbar an den Festungswällen
Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden. Wegen der auf den Wällen
befindlichen Mühlen durften hier keine hohen Häuser errichtet werden.
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Am Ziel der ersten Etappe |
Nachdem man den Holstenwall überquert hat sind es nur noch
wenige Schritte bis man das erste Etappenziel, das
Museum für Hamburgische Geschichte, erreicht hat.
Weitere Fotos zum
Hummel-Bummel-Rundgang
Die komplette Tour:
Hummel-Bummel Teil 1 - Von der Laeiszhalle zum Museum für Hamburgische Geschichte
Hummel-Bummel Teil 2 - Vom Museum für hamburgische Geschichte zum Michel
Hummel-Bummel Teil 3 - Vom Michel zum Neuen Wall
Hummel-Bummel Teil 4 - Vom Neuen Wall zur Laeiszhalle
Quellenangabe: Die Beschreibungen der Sehenswürdigkeiten stammen zum Teil
direkt von den Hinweistafeln entlang des Hummel-Bummels und aus den
eingebetteten Links.
Klasse, werde auch mal wieder in die Hansestadt oder in Hotels nach Seefeld düsen, wenn Corona vorbei ist und ausgiebig bummeln. LG
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